Ein einzigartiger Bauernhof mit tausend Gewürzen in den Hügeln der westlichen Ghats in Indien

Im Februar 2019 haben wir unsere ersten Besuche auf Bauernhöfen im Idukki-Distrikt unternommen. Ende 2017 waren wir bereits nach Kerala in Südindien gereist, um das Indien zu entdecken, das wir noch nicht kannten. Im Jahr 2016 waren wir mehrere Monate durch Asien gereist, durch Südostasien und China, und seit dieser Reise sind unsere Herzen zwischen Asien und der Schweiz geteilt. Asien bedeutet für uns eine feine, raffinierte Küche voller Aromen, eine neugierige, lächelnde und herzliche Bevölkerung, eine geschichtsträchtige Kultur und tropische Landschaften von erhabener Schönheit.

Fasziniert von den Wundern Asiens machen wir uns auf den Weg nach Indien, ein Land, vor dem wir aufgrund zahlreicher gemischter Erfahrungsberichte von Reisenden ein wenig zurückschreckten. Wir hatten es schon oft gehört: Entweder man liebt Indien oder man hasst es.

Diejenigen, die uns gut kennen, werden wohl nicht überrascht sein zu hören, dass wir eine Leidenschaft für Indien haben! Warum? In Indien ist jeder Tag ein Abenteuer, Langeweile gibt es nicht. Man verbringt dort aufregende Tage mit vielem Unvorhergesehenen und Unwahrscheinlichen, das sich schliesslich in unvergessliche Erinnerungen verwandelt.

In Indien ist jeder Tag ein Abenteuer, Langeweile gibt es nicht. 

Einem Elefanten gegenüberzustehen, zu Fuss mit einem ängstlichen Ranger mitten in einem Naturschutzgebiet, oder mitten im Regenwald eine Panne zu haben, wo einem gesagt wird, dass es sicherlich Tiger gebe, man aber zur nächstliegenden Schutzhütte laufen müsse: Das sind in Indien ganz alltägliche Szenen. 

Ein einzigartiger Bauernhof mit tausend Gewürzen in den Hügeln der westlichen Ghats in Indien

Im Jahr 2017 hatten wir Wayanad besucht, eine sehr hügelige und grüne Region im Nordosten Keralas in den Bergen der Westghats. Wir hatten uns mehrere Tage auf einem Bauernhof aufgehalten, um Gewürze wie Kardamom, Pfeffer, Vanille, Chili, Ingwer und Kurkuma kennenzulernen.

Sehr stolz gingen sie mit einigen Beuteln frisch geernteter Gewürze nach Hause. Wir hätten nie gedacht, dass dies der Beginn eines Neuanfangs sein würde.

Hier, wo wir bei einer indischen Familie in einem typisch keralesischen Haus untergebracht waren, begann unsere Neugier auf den Geschmack von Gewürzen. Beim Spazierengehen fiel uns schnell auf, dass sich die kletternden Lianen der Pfefferbäume wie Unkraut an den Baumstämmen festklammerten. Es war unmöglich, sie zu übersehen, sie waren überall! Sehr stolz gingen sie mit einigen Beuteln frisch geernteter Gewürze nach Hause. Wir hätten nie gedacht, dass dies der Beginn eines Neuanfangs sein würde.

Vielleicht waren es die Düfte der keralesischen Gerichte, die uns berauschten? Einige Tage später verliessen wir die Naturlandschaft Wayanad und nahmen eine historische Dampfeisenbahn, die von den Nilgiri-Bergen nach Ooty fährt, das für seine Landschaft und seine Teeplantagen bekannt ist. Danach besuchten wir die Kulturhauptstadt von Tamil Nadu, Madurai, mit seinem bemerkenswerten Tempel, bevor wir Munnar erreichten. Inmitten grüner Hügel befanden wir uns wieder inmitten üppiger Natur, umgeben von Tee-, Kautschuk- und Eukalyptusplantagen.

Munnar ist ein Bergort, der für seine endlosen Teeplantagen bekannt ist. Hier wohnten wir bei einem passionierten Botaniker, der uns in seine umweltbewussten Methoden eingewiesen hatte, indem er häusgemachtes Biogas benutzte und Quellwasser filterte. Auch hier hatten wir bei unserer Abreise Kaffee und andere Gewürze von absoluter Frische in der Tasche. Wir hatten sogar einen Kochkurs mit der Mutter gemacht, die köstliche Chapatis, Currys und mit Gewürzen aromatisiertes Wasser zubereitete.

Hier wird der beste Kardamom des Landes hergestellt. In Indien ist Kardamom weiblich, und als Königin der Gewürze bekannt.

Zurück zu Februar 2019. Sajath, unser Fahrer, bringt uns von Kochi nach Kumily, einer kleinen Stadt nahe dem Naturschutzgebiet von Periyar (auch Thekkady genannt), an der Grenze zu Tamil Nadu.

Dieses Jahr beschliessen wir, zehn Tage in diese Region zu verbringen, da sie wie ein riesiger Gewürzgarten unter freiem Himmel ist. Hier wird der beste Kardamom des Landes hergestellt. In Indien ist Kardamom weiblich, und als Königin der Gewürze bekannt. Das ist aber noch nicht alles, es gibt auch Pfeffer, Nelken, Muskatnuss, Ingwer, Kurkuma, Kassia ... aber wir kommen speziell wegen des grünen Kardamoms hierher.

Kaum ausserhalb des Zentrums von Kumily sind wir in einem ruhigen Gästehaus untergebracht, das von einer Pfeffer- und Kardamomplantage umgeben ist. Von unserem Zimmer aus haben wir einen erholsamen Blick auf den Regenwald. Nach mehrtägigen Besuchen von Gewürzgärten, Teeplantagen, einer Genossenschaft und Gesprächen mit Händlern lernen wir Fatima kennen, unsere allererste Bekanntschaft, mit der es uns tatsächlich gelingen wird, frische Gewürze von einem einzelnen, ausgewählten Bauernhof zu beziehen.

Da es Essenszeit ist, führt uns Fatima in einen winzigen Laden, in dem vier Tische aufgestellt sind, um ein Biryani mit Poulet zu probieren. Am Strassenrand gelegen, ohne auch nur ein Schild, hätten wir hier niemals ohne den Rat einer Einheimischen angehalten, und doch war es das beste Biryani unserer Reise.

Wir steigen wieder in Sajaths ins Auto, um zu Fatimas Hof zu fahren, der in den Hügeln ausserhalb von Kumily liegt, aber die Strasse ist in einem so schlechten Zustand, dass wir nicht weiterfahren können. Sajath setzt uns ab und wird uns am Ende des Tages wieder abholen. Zuerst gehen wir auf einem steinigen Weg, bevor wir auf einen immer enger werdenden Pfad wechseln, der von Regenwald umgeben ist. Etwa eine Viertelstunde später erreichen wir das beliebte "blaue Haus", den Bauernhof, auf dem ihr Sohn Stefan und ihre Schwiegertochter Julie leben.

Er ist Indocert-zertifiziert und arbeitet ohne Chemikalien auf einem Bauernhof, der eine gute Stunde von Kumily entfernt liegt.

Im Gespräch mit Fatima erfahren wir, dass ihr deutschstämmiger Mann auf einem zweiten Hof in Tamil Nadu arbeitet und sein Sohn diesen Hof hauptsächlich mit der Kaffeeproduktion bewirtschaftet. Alles wird auf natürliche Weise produziert. Fatima erklärt uns, dass ein Teil ihres Kaffees nach Europa exportiert wird und dass sie momentan nicht genug Pfeffer, Vanille und Kardamom ernten, um uns davon etwas zu verkaufen. Sie bietet uns jedoch an, mit einem Landwirt in Kontakt zu treten, den sie sehr gut kennt. Er ist Indocert-zertifiziert und arbeitet ohne Chemikalien auf einem Bauernhof, der eine gute Stunde von Kumily entfernt liegt.

Ein einzigartiger Bauernhof mit tausend Gewürzen in den Hügeln der westlichen Ghats in Indien

Plötzlich kommt Stefan an, mit einer Tasche voller Kaffeekirschen über der Schulter. Während Sylvain ihm hilft, die Kirschen in eine Maschine zu schütten, die das Fruchtfleisch von den Kaffeebohnen trennt, bereite ich mit Fatima einen Masala Chai zu. Man lässt schwarzen Tee und frisch von der Kuh gemolkene Milch mit Gewürznelken, Kardamom, etwas Zimt, frischem Ingwer und einer Prise Chilipulver aufkochen. Eine köstliche Tasse gut ausgewogen und vor allem wohlverdienten Masala Chai für Stefan!

Als wir Stefan unser Konzept erklären, versteht er sofort den Sinn, indem er den Begriff "social start-up" (soziales Unternehmertum) benutzt, das auf positive Auswirkungen in der Gesellschaft hinwirkt und nicht auf Gewinnmaximierung für seine Gründer.

Die Kaffeeernte ist sehr anstrengend und wird komplett von Hand gemacht. Er verbringt ganze Tage damit, jede einzelne Kirsche zu pflücken, bevor er das Fruchtfleisch entfernt und die Beeren auf einer Blache in der Sonne trocknen lässt. Als wir Stefan unser Konzept erklären, versteht er sofort den Sinn, indem er den Begriff "social start-up" (soziales Unternehmertum) benutzt, das auf positive Auswirkungen in der Gesellschaft hinwirkt und nicht auf Gewinnmaximierung für seine Gründer.

Wir sind sehr motiviert durch unsere Mission und erklären ihm, dass wir in unseren jeweiligen Jobs keinen Sinn mehr sehen und dass die Nähe zur Natur und zu lokalen Begegnungen besser zu uns passt. Wir sind wirklich froh, Stefan getroffen zu haben, der eng mit der Natur verbunden im Regenwald lebt, und ziehen mit Fatima wieder los.

Auf dem Rückweg nehmen wir einen längeren Weg und unterwegs warnen uns die Nachbarn, genau zu schauen, wo wir hintreten, da sich Schlangen über den Weg schlängeln. Wir haben es ja gesagt: In Indien ist jeder Tag ein Nervenkitzel! 

Ein einzigartiger Bauernhof mit tausend Gewürzen in den Hügeln der westlichen Ghats in Indien

Am nächsten Tag nehmen uns Sajath und Fatima mit zu Joses Hof. Mitten in den Bergen der Westlichen Ghats gelegen, ist dies die ideale Umgebung für eine Gewürzplantage. Im Landesinneren, weit weg von den hochgelegenen Kleinstädten, erreichen wir über kurvenreiche Strassen einen einzigartigen Bauernhof, eingebettet in unberührte Natur.

Die Pflücker ernten von Hand, wobei jede Beere einzeln nach ihrer Reife gepflückt wird.

Fatima begleitet uns zu den Plantagen, vorbei an den Lianen der Pfefferbäume, die sich im dichten und wilden Wald verstreut an den Baumstämmen emporranken. Die Pflücker ernten von Hand, wobei jede Beere einzeln nach ihrer Reife gepflückt wird.

Wir bemerken Kardamompflanzen, die am Fusse grosser Bäume wie Jackfruit- oder Mangobäumen wachsen, da sie schattiges Licht der direkten Sonne vorziehen. Dann folgen andere tropische Bäume wie Nelken- und Muskatnussbäume, aus denen Gewürznelken, Muskatnüsse und Muskatblüte gewonnen werden. Und weiter vorne sehen wir haufenweise frisch ausgegrabene Ingwer- und Kurkumawurzeln, sowie Heilkräuter, Kaffee und Pfeffer, der auf Blachen trocknet.

Ein einzigartiger Bauernhof mit tausend Gewürzen in den Hügeln der westlichen Ghats in Indien
Ein einzigartiger Bauernhof mit tausend Gewürzen in den Hügeln der westlichen Ghats in Indien
Ein einzigartiger Bauernhof mit tausend Gewürzen in den Hügeln der westlichen Ghats in Indien

Diese diversifizierte Gewürzplantage bewahrt die Biodiversität ohne schädliche Auswirkungen auf Umwelt und Ökosysteme, während sie gleichzeitig die Produktivität steigert. 

Diese diversifizierte Gewürzplantage bewahrt die Biodiversität ohne schädliche Auswirkungen auf Umwelt und Ökosysteme, während sie gleichzeitig die Produktivität steigert. Da keine Hilfsstoffe verwendet werden, wird die natürliche Fruchtbarkeit des Bodens durch die im Boden lebenden Organismen erhöht, und je zahlreicher und vielfältiger diese sind, desto gesünder ist der Boden.

Wurzeln, Pflanzen und Bäume, die dort wachsen, ziehen bestäubende Insekten, Schmetterlinge, Vögel und andere Tiere an. So interagieren Flora und Fauna in einer Art Zufluchtsort, der auf einem natürlichen und ausgewogenen Waldökosystem basiert.

Nachdem wir diese Vielfalt an Nutzpflanzen besichtigt haben, empfängt uns Jose auf seiner Farm, wo wir einen berauschenden Muskatnusswein trinken. Er zeigt uns seine Zertifikate, die beweisen, dass er auf natürliche Weise anbaut, und überreicht uns einige Päckchen mit Kardamom, Kurkuma, Pfeffer und ein paar Muskatnüssen.

Die Gewürze sind in einfachen Plastiksäckchen verpackt, verströmen aber durch die Verpackung hindurch schon einen köstlichen Duft. Als wir dieses Pflanzenparadies verlassen, müssen wir unweigerlich an unsere heutigen Landwirtschaftsmodelle denken, die sich unbedingt sanfteren Methoden zuwenden müssen.

 
 

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